ByteDance: Wird TikTok verkauft oder in den USA verboten?

TikTok USA

Was steht auf dem Spiel?

TikTok, die international beliebte Kurzvideo-Plattform des chinesischen Tech-Konzerns ByteDance, steht in den Vereinigten Staaten vor einer historischen Zäsur. Entweder wird die App verkauft – oder verboten. Der Grund dafür liegt in den Sicherheitsbedenken der US-Regierung, die befürchtet, dass die chinesische Regierung durch ByteDance Zugriff auf persönliche Daten US-amerikanischer Nutzerinnen und Nutzer erlangen könnte. Diese geopolitisch brisante Lage hat bereits zur Verabschiedung eines Gesetzes geführt, das ByteDance zum Verkauf zwingt – oder andernfalls TikTok in den USA vollständig untersagt.

Inmitten dieses Dramas positioniert sich ein Mann als Retter der Plattform: der US-Milliardär Frank McCourt. Der ehemalige Besitzer der Los Angeles Dodgers will TikTok übernehmen – mit dem Ziel, die Kontrolle über Nutzerdaten in die Hände der Menschen zurückzugeben. Sein Konzept nennt er „The People’s Bid“. Doch bis zum Stichtag, dem 19. Juni 2025, ist der Ausgang dieses Tech-Thrillers ungewiss.

USA droht TikTok-Verbot – Gesetzlicher Hintergrund

Im März 2024 verabschiedete der US-Kongress das Gesetz mit dem offiziellen Titel „Protecting Americans from Foreign Adversary Controlled Applications Act“. Dieses Gesetz verpflichtet Unternehmen, deren Apps von Unternehmen aus sogenannten feindlichen Staaten kontrolliert werden, ihre US-Ableger zu veräußern – andernfalls droht das Verbot.

ByteDance erhielt zunächst eine Frist bis zum 19. Januar 2025. Nachdem der Supreme Court am 17. Januar 2025 die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes bestätigte, trat Donald Trump überraschend auf den Plan: Als Präsidentschaftskandidat und späterer erneuter Präsident verlängerte er die Frist auf den 19. Juni 2025. Ob er sie nochmals verlängert, bleibt bis zuletzt offen.

ByteDance-Strategie: Verkauf – oder Abschaltung

ByteDance zeigt sich wenig geneigt, den US-Ableger von TikTok zu veräußern. Insider berichten, dass das Unternehmen eher bereit wäre, TikTok in den Vereinigten Staaten vollständig einzustellen, als sich vom Herzstück der App – dem Empfehlungsalgorithmus – zu trennen.

Die chinesische Regierung unterstützt diese Linie weitgehend. Denn der TikTok-Algorithmus gilt als strategisch bedeutsames geistiges Eigentum. Er unterliegt den chinesischen Exportkontrollgesetzen. Eine Veräußerung ohne ausdrückliche Genehmigung aus Peking wäre faktisch unmöglich.

Frank McCourt & „The People’s Bid“: Strategie und Konsortium

Frank McCourt verfolgt mit „The People’s Bid“ eine ambitionierte Vision: Der Medienunternehmer, der bereits mit dem Projekt „Liberty“ für digitale Gemeingüter kämpft, will TikTok in den USA erwerben und in ein gemeinwohlorientiertes Social-Media-Modell überführen.

Zu seinem Konsortium gehören prominente Persönlichkeiten wie Kevin O’Leary („Shark Tank“) und Reddit-Mitgründer Alexis Ohanian. Letzterer fungiert als Berater für den Aufbau eines neuen, offenen sozialen Netzwerks. Gemeinsam wollen sie eine Plattform etablieren, in der Nutzer ihre Daten selbst kontrollieren.

Laut aktuellen Berichten belaufen sich die verbalen Zusagen für die Finanzierung des Projekts bereits auf über 20 Milliarden US-Dollar. Dennoch bleibt die entscheidende Frage: Würde ByteDance überhaupt verkaufen – und wenn ja, ohne Algorithmus?

Details zum Kaufangebot & Technologie-Konzept

McCourts Plan sieht ausdrücklich vor, nur den US-Geschäftsbereich von TikTok zu übernehmen – nicht jedoch den Algorithmus, der die App so erfolgreich macht. Stattdessen will man eine eigene, offene technologische Architektur implementieren, basierend auf dem sogenannten DSNP (Decentralized Social Networking Protocol).

Die Grundidee: Ein soziales Netzwerk, bei dem Nutzerinnen und Nutzer die Kontrolle über ihre Daten und Inhalte behalten. Die Plattform würde nicht zentral gesteuert, sondern über eine dezentrale Infrastruktur verteilt betrieben. Dabei sollen Algorithmen offen gelegt und in ihrer Wirkung transparent gemacht werden.

„Wir müssen das Internet neu denken – nicht kontrollieren, sondern befreien“, so McCourt in einem Interview. Das Konzept erinnert an die Visionen von Web3, verknüpft mit konkreten Maßnahmen zur Redemokratisierung des digitalen Raumes.

Politische & rechtliche Rahmenbedingungen

Politisch ist das Thema hoch umstritten. Donald Trump hatte TikTok bereits 2020 in seinem Fadenkreuz. Nun, als Präsident im Jahr 2025, äußerte er zuletzt die Möglichkeit einer weiteren Fristverlängerung – obwohl er das Gesetz zunächst unterstützte. Er könnte unter öffentlichem Druck oder aus strategischen Erwägungen heraus erneut einen Aufschub gewähren.

Parallel dazu klagt ByteDance gegen das Gesetz – sowohl vor dem US Supreme Court als auch in Bundesstaaten wie Montana. Ob die Klagen erfolgreich sein werden, bleibt offen. Währenddessen buhlen auch andere Investoren um den US-Ableger von TikTok: Unter anderem General Atlantic, Susquehanna und KKR sollen Kaufinteresse signalisiert haben.

Als technische Sicherheitslösung steht weiterhin Oracle im Raum. Schon 2022 war die Firma als Datentreuhänder vorgesehen, der US-Nutzerdaten kontrolliert. Dieses Modell könnte eine Rückkehr erleben – möglicherweise als Bestandteil von McCourts Konsortium.

Chinesische Perspektive & geopolitische Dynamik

Peking beobachtet das Geschehen mit Argusaugen. TikTok ist für China weit mehr als eine App – es ist ein geopolitischer Machtfaktor. Die Regierung besitzt über eine sogenannte „Goldene Aktie“ direktes Mitspracherecht bei ByteDance und könnte jede Entscheidung blockieren.

Der Export des TikTok-Algorithmus ist ohne Genehmigung der chinesischen Behörden untersagt. Damit wäre ein Verkauf an US-Investoren ohne diese zentrale Technologie kaum attraktiv. Denkbar wäre allenfalls eine Kooperation ohne algorithmisches Know-how – mit entsprechenden Abstrichen bei der Nutzererfahrung.

Insgesamt reiht sich der Konflikt in die größere Auseinandersetzung zwischen China und den USA ein. Technologische Souveränität, digitale Infrastruktur und wirtschaftliche Dominanz sind die eigentlichen Schauplätze dieses Machtkampfes.

Szenarien-Analyse: Verkauf, Shutdown, Verlängerung

Szenario 1: Verkauf an McCourt-Konsortium
Ein Verkauf an das „People’s Bid“-Konsortium könnte einen Kompromiss darstellen – sofern ByteDance auf den Algorithmus verzichtet und Peking grünes Licht gibt. Der Vorteil: Die App bleibt in den USA erhalten, Nutzer behalten Zugang, und ein US-geführtes Modell verspricht mehr Datensouveränität. Allerdings wären Nutzererlebnis und Reichweite ohne Originalalgorithmus eingeschränkt.

Szenario 2: ByteDance stellt TikTok in den USA ein
Wenn ByteDance sich weigert zu verkaufen und keine neue Frist erfolgt, wäre die App in den USA ab dem 20. Juni 2025 de facto verboten. Dies würde rund 170 Millionen Nutzer betreffen. Neben wirtschaftlichen Einbußen könnte dies Proteste und Reputationsverluste auslösen – sowohl für ByteDance als auch für die US-Regierung.

Szenario 3: Weitere Fristverlängerung oder politische Lösung
Trump könnte den Weg für einen weiteren Aufschub ebnen – sei es aus Wahlkampfgründen oder zur Vermeidung eines öffentlichen Aufschreis. Möglich wäre auch ein politischer Kompromiss, etwa mit einer strikteren Datenschutzregelung und Auflagen für den Betrieb der App unter US-Aufsicht.

Auswirkungen für Nutzer & Plattformlandschaft

Für US-Nutzer steht viel auf dem Spiel. TikTok zählt zu den beliebtesten Social-Media-Apps, insbesondere bei jüngeren Menschen. Ein plötzlicher Shutdown würde nicht nur Unterhaltungsinhalte, sondern auch Geschäftsmodelle zerstören – von Influencern über Marken bis hin zu Werbetreibenden.

Zugleich könnten Alternativen profitieren. Instagram Reels und YouTube Shorts stehen bereit, um die entstandene Lücke zu füllen. Auch neue Plattformprojekte wie das von McCourt oder dezentrale Netzwerke könnten plötzlich an Relevanz gewinnen – ein digitaler Strukturwandel wäre möglich.

Fazit & Ausblick

Der Kampf um TikTok ist mehr als ein Streit um eine App. Es geht um die Frage, wem die Zukunft des Internets gehört – autoritären Staaten, profitorientierten Konzernen oder den Menschen selbst? Frank McCourt positioniert sich mit seiner Initiative als Visionär, der letzteres erreichen will.

Doch sein Vorhaben steht unter Zeitdruck. Bis zum 19. Juni 2025 muss eine Lösung gefunden werden. Scheitert der Deal oder kommt es zu keiner Einigung mit Peking, droht das Aus für TikTok in den USA. Ein solches Szenario hätte weitreichende Folgen – nicht nur für Nutzer und Investoren, sondern für die globale digitale Ordnung.

Der Countdown läuft. Die kommenden Tage könnten Geschichte schreiben – und darüber entscheiden, wie viel Freiheit und Kontrolle Menschen im digitalen Raum künftig noch haben.

Update 18.06.25: „Trump will Tiktok weitere 90 Tage Aufschub einräumen – es ist der dritte seit seinem Amtsantritt.“

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