Digitale Rabatte: Was Discounter-Apps wirklich bringen
Am 4. August 2025 führt Lidl deutschlandweit den digitalen Pfandbon in der Lidl‑Plus‑App ein – ein Meilenstein der Digitalisierung im Discounter‑Umfeld, der als idealer Aufhänger für unseren Artikel dient. Dieser Artikel untersucht, wie Discounter‑Apps Kundinnen und Kunden, Handelsunternehmen und die Gesellschaft insgesamt nützen.
Ab dem 4. August 2025 können Lidl‑Kund:innen ihren Pfandbetrag digital über die Lidl Plus App speichern und an der Kasse automatisch einlösen – ganz ohne Papierbon. Der klassische Zettel bleibt auf Wunsch bestehen. Lidl ist damit laut eigenen Angaben der erste große Lebensmitteleinzelhändler in Deutschland, der diesen Service flächendeckend anbietet.
Was sind Discounter‑Apps?
Discounter‑Apps wie Lidl Plus, Rewe Bonus, Penny App oder Kaufland App stellen digitale Plattformen bereit, über die Kund:innen:
- Coupons und Rabatte nutzen, die exklusiv in der App verfügbar sind
- Bonusprogramme nutzen oder Treuepunkte sammeln
- Einkaufserinnerungs‑ und Einkaufslistenfunktionen verwenden
- mobile Bezahlung und digitale Kassenbons erhalten
Diese Apps kombinieren klassischen Rabatt mit digitalen Komfortfunktionen und kundenbindenden Angeboten.
1. Vorteile für Kundinnen und Kunden
1.1 Finanzielle Vorteile & Komfort
Die Rabattprogramme bieten exklusive Coupons und App‑Preise, teilweise aktiviert monatlich, oft gekoppelt an Einkaufsvolumen oder Aktionsartikel. Carsten Kortum, Professor an der DHBW Heilbronn, erklärt: Viele Tiefpreise gelten ausschließlich für registrierte Kunden mit App
.
Studien zeigen aber: Die durchschnittliche Ersparnis liegt oft bei etwa 1,6 % des Einkaufswertes – bei Kaufland bis 2,29 % erreichbar, bei Lidl etwa 1,6 %, bei Rewe nur rund 0,8 % und Penny nur 0,75 %. Smhaggle‑Geschäftsführer Sven Reuter ergänzt: Durch den gezielten Einkauf von Aktionsangeboten und den regelmäßigen Wechsel des Händlers kann man deutlich mehr sparen […] als mit Bonusprogrammen
– durchschnittlich etwa 30 % Rabatt möglich.
1.2 Digitale Pfandbon‑Funktion – Beispiel Lidl
Mit der Einführung des digitalen Pfandbons bietet Lidl echten Mehrwert: Nach Pfandrückgabe wird der QR‑Code am Automaten mit der App gescannt und der Betrag automatisch gutgeschrieben. Beim nächsten Einkauf wird er automatisch verrechnet, sofern nicht manuell deaktiviert.
Vorteile laut Lidl und Medienberichten: Kein Bonverlust, längere Gültigkeit (bis zu drei Jahre), Übersichtlichkeit, schnellere Kassenabwicklung, weniger Thermopapier.
1.3 Datenschutz & mögliche Nachteile
Datenschutzexpertin Christine Steffen von der Verbraucherzentrale NRW warnt: Der Spar‑Vorteil ist oft geringer als gedacht und Verbraucher zahlen für die Rabatte mit der Preisgabe umfangreicher persönlicher Daten
. Die Apps sammeln detaillierte Einkaufs-, Zeit- und Standortdaten, die mitunter auch an Drittanbieter im Ausland weiterverteilt werden. Verbraucherschützer empfehlen daher, Datenschutzeinstellungen regelmäßig zu prüfen, zum Beispiel nach App‑Updates.
1.4 Zugang & digitale Barriere
Nicht jede:r Kund:in hat ein Smartphone oder möchte eine App nutzen – ältere oder technologie-skeptische Menschen könnten sich benachteiligt fühlen. Verbraucherwarnung nennt mögliche Benachteiligung durch differentielle Preise oder eingeschränkten Zugang zu Rabatten.
2. Vorteile für die Anbieter (Discounter)
- Kundenbindung: Exklusive Angebote und personalisierte Coupons fördern Wiederkäufe und App‑Engagement.
- Kundendaten & Marketing: Einkaufsmuster ermöglichen direkte Marktbearbeitung, Sortimentsplanung, personalisierte Werbung oder gezielte Aktionen.
- Kostensenkung & Effizienz: Die Digitalisierung des Pfandbons reduziert Thermopapierkosten und vereinfacht Prozesse – Lidl bewirbt den digitalen Bon als Beitrag zur nachhaltigen und kundenfreundlichen Prozessoptimierung.
3. Gesellschaftliche Effekte
3.1 Umwelt & Nachhaltigkeit
Weniger Papierverbrauch durch digitale Bons ist ein konkreter Umweltnutzen. Laut Lidl entfallen mit der Umstellung Millionen Thermobons pro Jahr. Das reduziert Müll und mindert den Einsatz von chemisch beschichtetem Thermopapier, das problematisch für Recycling ist.
3.2 Digitalisierung & Teilhabe
Discounter‑Apps tragen zur digitalen Transformation des Alltags bei – sie fördern den Umgang mit Technologien auch in niedrigschwelligen Kontexten. Allerdings droht eine digitale Kluft, wenn bestimmte Bevölkerungsgruppen ausgeschlossen bleiben.
3.3 Datenökonomie und Transparenz
Mit der wachsenden Datenerhebung wächst auch die Verantwortung der Unternehmen. Datenschutz wird zur gesellschaftlichen Aufgabe. Forderungen nach Transparenz, lokalen Servern, einfacher Einwilligung und klaren Einstellungen nehmen zu.
Gewinn oder Datenschleuder
Discounter‑Apps bieten Kunden Bequemlichkeit, Bonusvorteile und – mit der digitalen Pfandlösung – auch ökologische Erleichterungen. Händler profitieren von erhöhter Kundenbindung, Prozessoptimierung und Daten. Gesellschaftlich zeigen sich sowohl Fortschritte als auch Risiken: Papierersparnis und Digitalisierung stehen im Spannungsverhältnis zu Datenschutzbedenken und sozialer Teilhabe.
Ob Discounter‑Apps wirklich lohnen, hängt vom Einkaufsverhalten, Datenschutzbewusstsein und technischen Zugang ab. Für Digitalaffine mit regelmäßigem Großeinkauf und Coupon‑Geduld ist die App ein Gewinn. Für andere kann sie zur nervigen Datenschleuder werden – und ein Symbol für eine Handelswelt, in der auch Rabatte digital ausgehandelt werden.